AMT FÜR WEITERBILDENDE FANTASIE

Kunstwerk Titel: „Bruno Bentley“ von Amtsleiter Manfred Dahmen – für besondere Anlässe!
E-Shuttle (2024) für Paraden und Empfänge vor der Villa Artis in CoolCityMülheim
Neues Dienstfahrzeug (2021-2023) für das Amt für weiterbildende Fantasie
Art-Shuttle (2014 bis 2020): für Paraden und Empfänge

Werkreihe: „Sag mir, wo die Blumen sind“

Highlight 2025 „Wir können uns auf nichts berufen“

Manfred Dahmen: Energie, Materie und Imagination im Kontext der zeitgenössischen Kunst des Ruhrgebiets

Einleitung: Ein Künstlerporträt

Manfred Dahmen, geboren am 10. Mai 1952 in Düsseldorf, ist ein zeitgenössischer deutscher Künstler, dessen Œuvre sich durch eine kraftvolle Synthese aus energetischer Abstraktion, tiefgreifenden konzeptionellen Rahmenwerken und einem bemerkenswerten sozialen Engagement auszeichnet. Sein Schaffen, das in der Tradition des deutschen Informel und des Abstrakten Expressionismus verwurzelt ist, geht weit über die reine Malerei hinaus und etabliert ein eigenständiges künstlerisches Universum. Dahmen agiert nicht nur als Maler, sondern auch als Konzeptkünstler, Initiator und sozialer Akteur, dessen Werk den Betrachter zur Reflexion über den Wert der Kunst, die Rolle der Fantasie und die Verantwortung des Einzelnen in der Gesellschaft anregt.

Die vorliegende Analyse argumentiert, dass Dahmens einzigartige künstlerische Identität auf drei miteinander verbundenen Säulen ruht: seiner unkonventionellen Biografie als „Spätberufener“, die ihm eine seltene kreative und ökonomische Freiheit gewährt; der Entwicklung eines holistischen künstlerischen Kosmos, der im von ihm gegründeten „Amt für weiterbildende Fantasie“ zentriert ist; und seinem gezielten Einsatz von medienwirksamen, sozial orientierten Kunstprojekten, um etablierte Wertesysteme zu hinterfragen und humanitäre Anliegen zu fördern. Diese drei Aspekte sind untrennbar miteinander verwoben und ermöglichen eine Praxis, die sowohl ästhetisch als auch konzeptionell und gesellschaftlich relevant ist.

Im Folgenden werden Dahmens künstlerischer Werdegang, seine stilistischen und technischen Merkmale sowie die zentralen konzeptionellen Überbauten seiner Arbeit detailliert untersucht. Eine Analyse seiner wichtigsten Werkreihen, insbesondere des monumentalen Projekts um das Gemälde „Streitwagen (Chariot)“, wird die Verschränkung von Kunst und sozialem Impuls verdeutlichen. Abschließend wird seine Rolle und Verortung in der Kunstszene des Ruhrgebiets beleuchtet, um ein umfassendes Porträt dieses vielschichtigen Künstlers zu zeichnen.

Biografischer Werdegang: Der unkonventionelle Weg zur Kunst

Von der Fleischerlehre zur Malerei

Manfred Dahmens Weg in die Kunstwelt ist bemerkenswert und weicht signifikant von der klassischen Künstlerbiografie ab. Geboren in Düsseldorf und aufgewachsen in Köln, begann sein beruflicher Werdegang nicht an einer Kunstakademie, sondern mit einer Lehre zum Fleischer. Bereits während dieser Ausbildungszeit entwickelte er jedoch ein tiefes und autodidaktisches Interesse an der Kunst. Er las intensiv und setzte sich kritisch mit den Werken prägender Figuren der Kunst des 20. Jahrhunderts auseinander, darunter Joseph Beuys, dessen erweiterter Kunstbegriff später in Dahmens eigenem Werk widerhallen sollte, sowie Pop-Art-Ikonen wie Andy Warhol und Roy Lichtenstein und Vertreter des Abstrakten Expressionismus wie Jackson Pollock. Diese frühe, selbstgesteuerte Auseinandersetzung, begleitet von ersten eigenen Zeichnungen und Skizzen, legte den Grundstein für eine unabhängige und von akademischen Konventionen losgelöste künstlerische Entwicklung. Der Kontakt zur Düsseldorfer Kunstakademie und ihrer Szene schärfte seinen Blick und nährte den Wunsch, sich selbst künstlerisch auszudrücken.

Die Zäsur: Der Künstler als Unternehmer und der Schritt ins Atelier

Die entscheidende Wende in seinem Leben vollzog sich mit Mitte 40. In dieser Phase einer bewussten Neuorientierung mietete Dahmen sein erstes Atelier in der Kölner Innenstadt und widmete sich fortan mit voller Intensität der Malerei. Er beschreibt diesen Schritt als eine tiefgreifende „Befreiung“, aus der sich eine „Lebensaufgabe“ entwickelte. Die Malerei wurde zu seiner zentralen Ausdrucksform, in der er das verbirgt, „was andere durch Texte und Noten, theatralisch oder tänzerisch auszudrücken wissen“.

Ein entscheidender Faktor, der Dahmens künstlerische Praxis bis heute prägt, ist seine parallele Tätigkeit als erfolgreicher Unternehmer. Gemeinsam mit seinen Söhnen leitete er ein Familienunternehmen mit mehreren hundert Mitarbeitern. Diese wirtschaftliche Unabhängigkeit ist nicht nur ein biografisches Detail, sondern die fundamentale Bedingung für die Radikalität und Authentizität seiner Kunst. Sie befreit ihn von den kommerziellen Zwängen des Kunstmarktes, die viele Künstlerkarrieren dominieren. Er muss keine Werke verkaufen, um seine Existenz zu sichern; sein Schaffen entspringt einer inneren Notwendigkeit und Freude, nicht einem existenziellen „Muss“. Diese Freiheit ermöglicht ihm, Projekte von außergewöhnlicher konzeptioneller Kühnheit zu realisieren, wie etwa die symbolische Preisfestsetzung seines Werkes „Streitwagen“ auf eine Milliarde Euro für einen wohltätigen Zweck – ein Akt, der für einen markt-abhängigen Künstler undenkbar wäre, für Dahmen jedoch ein logischer Ausdruck seiner künstlerischen Haltung ist. Sein Status als „Spätberufener“ ist somit nicht als Defizit, sondern als Quelle seiner kreativen Souveränität zu verstehen. Die in seinen Werken oft beschriebene, explosive Energie („seine Arbeiten sprühen vor Energie, er rastet nicht“) kann als Entladung einer lange kultivierten Leidenschaft interpretiert werden, die nun frei von äußeren Restriktionen ihren Ausdruck findet.

Ankunft in der „Kunststadt“: Mülheim an der Ruhr als neuer Wirkungskreis

Um das Jahr 2012 verlagerte Manfred Dahmen seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt von Köln in die „Kunststadt“ Mülheim an der Ruhr. Der Umzug war das Ergebnis eines Zufalls: Während eines Verkehrsstaus auf der Ruhrtalbrücke im Jahr 2013 erschloss sich ihm die visuelle Qualität der Stadtlandschaft, mit dem Nebel über der Ruhr am Morgen und dem Sonnenuntergang am Abend. Dieser Eindruck führte zu dem Entschluss, sich dort niederzulassen.

In Mülheim bezog er ein Atelier von historischer Bedeutung: die ehemaligen Arbeitsräume des Bildhauers Ernst Rasche in der Villa Artis in der Ruhrstraße 3. Dieser Ort, direkt am Ruhrufer gelegen, wurde zum Zentrum seines aktuellen Schaffens und zum Sitz seines konzeptionellen Hauptprojekts, des „Amtes für weiterbildende Fantasie“. Die Ansiedlung in Mülheim markiert den Beginn einer tiefen Integration in die lokale Kunstszene. Er wurde Mitglied im Mülheimer Künstlerbund und zu einer prägenden Figur im Kunsthaus an der Ruhrstraße, das auch die Ruhr Gallery beheimatet. Diese enge Verbindung zum lokalen Kontext ist für das Verständnis seines reiferen Werks von entscheidender Bedeutung.

Künstlerische Praxis: Stil, Technik und Materialität

Stilistische Verortung

Manfred Dahmens malerisches Werk ist fest in der Tradition der abstrakten Kunst nach 1945 verankert. Seine Arbeiten zeigen deutliche Einflüsse des deutschen Informel und des amerikanischen Abstrakten Expressionismus, ergänzt durch Elemente der Farbfeldmalerei. Diese stilistische Nähe ist nicht nur formaler Natur, sondern wird auch kuratorisch unterstrichen. So wurden seine Werke in Ausstellungen bewusst in einen Dialog mit zentralen Figuren der deutschen Nachkriegsmoderne wie Emil Schumacher, Karl Otto Götz und Gerhard Hoehme gesetzt. Dahmen greift die gestische Freiheit, die Betonung des malerischen Prozesses und die Abkehr von der gegenständlichen Abbildung auf, die diese Bewegungen kennzeichnen. Er adaptiert diese historischen Positionen jedoch und überführt sie in eine eigenständige, zeitgenössische Bildsprache, die von einer unverkennbaren Energie und Dynamik geprägt ist. Sein Werk umfasst sowohl rein informelle Kompositionen als auch Landschaftsbilder, die durch seine spezifische Malweise stark abstrahiert werden.

Die Nass-in-Nass-Technik

Ein zentrales technisches Merkmal in Dahmens Malerei ist seine selbst entwickelte Nass-in-Nass-Technik. Bei dieser Methode werden die Farben direkt auf der noch feuchten Leinwand aufgetragen und miteinander vermischt. Dies ermöglicht fließende Übergänge, spontane Farbverläufe und eine hohe malerische Dichte. Durch diesen Prozess entfernt sich der Künstler bewusst vom „Realismus der Bildvorlage“ und verleiht seinen Gemälden eine „tiefe Aussage“. Die Technik erlaubt es ihm, den Zufall als gestalterisches Element zu integrieren, während er gleichzeitig die Komposition durch energische, kontrollierte Gesten steuert. Das Ergebnis sind Bilder, die den Prozess ihrer Entstehung sichtbar machen und eine vibrierende, lebendige Oberfläche besitzen. Diese Arbeitsweise ist entscheidend für die dynamische und emotionale Wirkung seiner Werke, die den Betrachter unmittelbar in den malerischen Akt hineinziehen.

Experimentelle Materialität: Der Einsatz von Bitumen

Dahmens künstlerische Neugier manifestiert sich in seiner unermüdlichen Experimentierfreude mit Materialien. Er beschränkt sich nicht auf traditionelle Farben, sondern integriert unkonventionelle Substanzen in seine Werke, um deren Ausdruckskraft zu steigern. Das prominenteste Beispiel hierfür ist sein Einsatz von Bitumen, einem zähflüssigen, dunklen Erdpech, das üblicherweise im Straßenbau verwendet wird.

Die Wahl dieses Materials ist keineswegs zufällig oder rein ästhetisch motiviert, sondern von hoher konzeptioneller Bedeutung. Dahmen setzte Bitumen gezielt in seinen Werkreihen „Götter“ und „ZEUS“ (ca. 2016–2018) ein, um, wie es heißt, „der Bedeutung dieser Arbeiten Nachdruck zu verleihen“. In dieser bewussten Entscheidung liegt ein tiefgreifender künstlerischer Gedanke. Bitumen ist ein urwüchsiger, erdgebundener und industrieller Werkstoff. Seine dunkle, schwere Materialität steht im radikalen Kontrast zu den erhabenen, mythologischen Themen der Götterwelt. Durch diese Juxtaposition entsteht eine dialektische Spannung: Das Göttliche wird in der Materie des Profanen, der antike Mythos mit einem Produkt der modernen Industriegesellschaft dargestellt. Dies kann als Kommentar zur Verankerung des Mythischen in der rauen Realität der Gegenwart gelesen werden, insbesondere vor dem Hintergrund des industriell geprägten Ruhrgebiets. Die Verweise darauf, dass auch Meister wie Gerhard Richter mit Bitumen experimentiert haben, positionieren Dahmens Materialforschung zudem innerhalb eines anspruchsvollen kunsthistorischen Diskurses über die Erweiterung der malerischen Mittel. Die Materialität wird bei Dahmen somit selbst zum primären Träger der konzeptionellen Bedeutung des Werkes.

Konzeptionelle Überbauten: Das „Amt“ und die Signatur

Das „Amt für weiterbildende Fantasie“: Konzept und Mission

Das wohl wichtigste konzeptionelle Projekt im Œuvre von Manfred Dahmen ist die Gründung des „Amtes für weiterbildende Fantasie“. Diese Institution ist weit mehr als nur die Bezeichnung für sein Atelier in der Mülheimer Villa Artis; sie ist ein umfassendes

Gesamtkunstwerk, das seine gesamte künstlerische Praxis rahmt und legitimiert. Das „Amt“ fungiert gleichzeitig als physischer Ort, als Marke und als philosophische Mission, deren erklärtes Ziel die Kunstvermittlung, Kunstförderung und die Anregung der Vorstellungskraft ist.

Die Namensgebung ist eine spielerische Form der institutionellen Kritik. Durch die Aneignung der Begrifflichkeit einer deutschen Behörde („Amt“) verleiht Dahmen seiner künstlerischen Mission einen offiziellen, fast bürokratischen Anstrich, der die Ernsthaftigkeit seines Anliegens auf ironische Weise unterstreicht. Die Mission des Amtes besteht darin, Menschen jeden Alters zu ermutigen, ihre eigene Kreativität als Ressource zu begreifen und die Welt aus neuen Perspektiven zu betrachten. Es ist eine Einladung, über gewohnte Denkmuster hinauszugehen und die Fantasie als Schlüssel für Innovation und Problemlösung zu erkennen – sowohl in der Kunst als auch im Alltag.

Diese Konzeption zeigt deutliche Parallelen zu Joseph Beuys‘ Idee der „Sozialen Plastik“, bei der jeder Mensch durch kreatives Handeln an der Gestaltung der Gesellschaft mitwirken kann. Dahmens frühe Auseinandersetzung mit Beuys findet hier ihre konsequenteste Umsetzung. Das „Amt für weiterbildende Fantasie“ ist eine solche soziale Skulptur: eine Struktur, die nicht nur Kunstobjekte produziert, sondern einen gesellschaftlichen Prozess anstoßen will – die Weiterbildung der Fantasie. Es ist der institutionelle Rahmen, der alle Aktivitäten Dahmens – von der Malerei über Performances bis hin zu sozialen Projekten – zu einem kohärenten Ganzen verbindet.

Die Signatur als ritueller Akt

Die Zugehörigkeit jedes Kunstwerks zum konzeptionellen Universum des „Amtes“ wird durch einen einzigartigen, rituellen Signaturprozess besiegelt. Jedes vollendete Werk erhält nicht nur die handschriftliche Signatur des Künstlers, sondern wird durch mehrere Elemente authentifiziert: einen Stempel mit dem Schriftzug „Authorisiert für die Reisen in der Zeit“, das offizielle Siegel des „Amtes für weiterbildende Fantasie“ und den persönlichen Daumenabdruck des Künstlers.

Dieser mehrteilige Akt erhebt die Signatur von einer reinen Urheberkennzeichnung zu einer performativen Handlung. Sie ist eine offizielle „Beglaubigung“, die das Werk in den übergeordneten Kontext des „Amtes“ und seiner Mission stellt. Der Stempel „Authorisiert für die Reisen in der Zeit“ verleiht dem Kunstwerk eine fast metaphysische Dimension und suggeriert seine Beständigkeit über den Moment hinaus. Der Daumenabdruck fügt eine zutiefst persönliche, unnachahmliche biometrische Komponente hinzu. Zusammen transformieren diese Elemente die Signatur in ein Zertifikat, das die materielle Arbeit in das immaterielle Konzept des Künstlers einbettet und ihre Bedeutungsebene erweitert.

Analyse der Hauptwerkreihen

Manfred Dahmens künstlerisches Schaffen lässt sich anhand thematischer Werkreihen nachvollziehen, in denen er spezifische stilistische, materielle und konzeptionelle Fragestellungen vertieft.

Die Götterwelt: Mythos und Materie in der „ZEUS“-Reihe (ca. 2017)

Die Werkreihe „ZEUS“, die um 2017 entstand und in der Galerie an der Ruhr präsentiert wurde, ist ein herausragendes Beispiel für Dahmens Auseinandersetzung mit mythologischen Themen vor dem Hintergrund aktueller Weltgeschehnisse. Die Serie umfasst zehn großformatige Arbeiten, die sich durch eine intensive Materialität und eine expressive Bildsprache auszeichnen. Wie bereits analysiert, ist der Einsatz von Bitumen in dieser Reihe von zentraler Bedeutung. Die dunkle, erdige Substanz verleiht den Darstellungen antiker Götter eine archaische, fast brutale Kraft und holt die Mythen aus einer entrückten Sphäre in die greifbare Gegenwart. Die eindrucksvolle Rahmung der Werke durch die Vergolderin Silvia Schmalenbach unterstreicht zusätzlich deren repräsentativen und auratischen Charakter. Die „ZEUS“-Reihe zeigt Dahmen als einen Künstler, der historische Narrative nutzt, um universelle Fragen nach Macht, Konflikt und Schicksal im 21. Jahrhundert zu verhandeln.

Das Milliarden-Euro-Statement: „Streitwagen (Chariot)“ (2015)

Das wohl bekannteste und konzeptionell radikalste Werk von Manfred Dahmen ist das 2015 entstandene Gemälde „Streitwagen (Chariot)“. Das 100 x 200 cm große, in Lacken und Acrylfarben ausgeführte Bild wurde im Rahmen der Ausstellung „DESIDERATA“ in der Ruhr Gallery Mülheim erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Seine Bekanntheit verdankt es jedoch weniger seiner formalen Gestaltung als vielmehr dem vom Künstler festgelegten Kaufpreis von einer Milliarde Euro.

Diese Preisfestsetzung war kein marktwirtschaftliches Kalkül, sondern ein gezielter künstlerischer Akt, eine Provokation und ein Statement. Dahmen selbst begründete den Preis mit dem Verweis auf die „Unsummen, die pro Sekunde für Streit mit all seinen Folgen ausgegeben werden“. Der symbolische Preis des Kunstwerks sollte die absurden Dimensionen globaler Rüstungsausgaben und Konfliktkosten spiegeln und in Frage stellen. Das Werk wurde so zu einem Mahnmal gegen Gewalt und zu einem Katalysator für eine weitreichende philanthropische Initiative, die im folgenden Kapitel detailliert wird.

Gesellschaftlicher Diskurs: „Turmbau zu Babel“ / „EUROPA WOHIN“ (2023)

Eine jüngere Werkreihe, die in Zusammenarbeit mit dem Künstler Reinhard Fingerhut entstand, widmet sich dem biblischen Motiv des Turmbaus zu Babel. Die Ausstellung „EUROPA WOHIN“ (2023) nutzt diese antike Erzählung als Metapher für die „babylonische Sprachverwirrung“ und die zunehmende Polarisierung in der heutigen Gesellschaft. Dahmen thematisiert die Erosion des gesellschaftlichen Dialogs und die Schwierigkeit, in einer von widerstreitenden Meinungen geprägten Welt noch zu Kompromissen zu finden. Die Werkreihe wirft kritische Fragen zur Zukunft Europas auf und untersucht, welche Rolle die Kunst bei der Überwindung von Kommunikationsbarrieren und der Förderung von Verständigung spielen kann. Diese Arbeiten zeigen Dahmen als einen politisch wachen Künstler, der sein Schaffen nutzt, um aktuelle gesellschaftliche Krisen zu reflektieren.

Weitere Werkreihen

Das Œuvre Dahmens ist durch eine kontinuierliche Produktion von thematisch gebundenen Serien gekennzeichnet, die seine Vielseitigkeit belegen:

  • „Flying 500“ (2019): Eine Serie, deren Titel auf Dynamik und Bewegung hindeutet und die in verschiedenen Kontexten erwähnt wird. Ein Werk aus dieser Reihe wird mit einem Preis von 1.250 Euro gelistet, was zeigt, dass Dahmen parallel zu seinen konzeptionellen Großprojekten auch im regulären Kunstmarkt agiert.
  • „Hope“ (2025): Diese aus zehn Werken bestehende Serie widmet sich dem Thema Hoffnung. Charakteristisch ist die dominante Verwendung der Farbe Violett/Lila, die symbolisch für Neuanfang und emotionale Tiefe steht. Die Ausstellung in der Ruhr Gallery wurde als zeitgemäßer Impuls in krisenhaften Zeiten rezipiert.
  • „24 / Was wiegt der Augenblick“ (2019): Eine Ausstellung, die 24 großformatige Arbeiten umfasste und sich vermutlich mit dem Thema Zeit und der Flüchtigkeit des Moments auseinandersetzte.
  • „FARBFILM, WO BIST DU?“ (2021): Der Titel einer Ausstellung in der Ruhrkunsthalle, der auf eine Auseinandersetzung mit Farbe, Wahrnehmung und möglicherweise auch medialen Aspekten hindeutet.

Kunst als sozialer Impuls: Die Initiative „Kunst hilft geben“

Das Konzept: Ein soziales Kunstwerk

Das Projekt um das Gemälde „Streitwagen (Chariot)“ stellt die konsequenteste Verbindung von Kunst, Konzept und sozialem Handeln in Dahmens Schaffen dar. Nach der aufsehenerregenden Preisfestsetzung stiftete der Künstler das Werk dem Kölner Verein „Kunst hilft geben e.V.“, um eine beispiellose Spendenkampagne zu initiieren. Das Ziel der Initiative ist es, 1,3 Milliarden Euro für einen Sozialfonds zu sammeln, der rund 1.500 Leuchtturmprojekte zur Unterstützung von obdachlosen und armen Menschen weltweit finanzieren soll. Das Kunstwerk selbst wird dabei zum Vehikel und Symbol dieser humanitären Mission.

Der „A-typische Kauf“: Subversion des Kunstmarktes

Der Mechanismus zur Spendengenerierung ist ebenso konzeptionell wie das Werk selbst. Anstelle eines einmaligen Verkaufs wurde ein Modell des „a-typischen Kaufs“ entwickelt. Das Gemälde soll insgesamt 17 Mal verkauft werden, wobei sich der Preis bei jeder Transaktion verdoppelt, beginnend mit einem Startpreis von 20.000 Euro. Der entscheidende Punkt ist, dass der Käufer oder Spender das Werk nicht dauerhaft in seinen Besitz übernimmt, sondern es im Geiste des sozialen Zwecks an den nächsten Käufer „weiterreicht“.

Dieses Modell ist eine fundamentale Kritik und Subversion der Logik des Kunstmarktes, die auf Eigentum, Exklusivität und Wertsteigerung als privates Kapital basiert. Dahmen und der Verein „Kunst hilft geben“ transformieren das Kunstwerk von einem statischen Luxusgut in einen dynamischen Katalysator für Philanthropie. Der Wert des Bildes bemisst sich nicht mehr an seinem Auktionspotenzial, sondern an der sozialen Wirkung, die es generiert. Der Akt des „Kaufens“ wird zu einem symbolischen Akt der Solidarität. Dieses Vorgehen stellt eine radikale Infragestellung etablierter Wertesysteme dar, indem es den spekulativen Wert der Kunst direkt mit dem greifbaren menschlichen Wert von Obdach und Hilfe konfrontiert.

Persönliche Motivation und globale Vision

Die Authentizität und die treibende Kraft hinter diesem ambitionierten Projekt speisen sich aus Dahmens persönlicher Erfahrung. Er begründet sein Engagement mit dem Schicksal seines Onkels, der „jahrelang auf einem Friedhof in Düsseldorf vegetiert“ habe. Diese biografische Verbindung erdet das Milliarden-Projekt in einer tief empfundenen Empathie und schützt es vor dem Vorwurf, eine rein zynische oder aufmerksamkeitsheischende Geste zu sein. Dahmen schenkte das Gemälde dem Verein als „Symbol der Nächstenliebe, gegen die weltweite Not“. Die Vision ist global: Die Initiative hat bereits ein internationales Netzwerk von sozialen Organisationen in Städten wie Wien, Paris und London aufgebaut, um die gesammelten Mittel effektiv zu verteilen. Das Projekt „Kunst hilft geben“ ist somit der Höhepunkt von Dahmens Bestreben, Kunst als wirkmächtiges Instrument für gesellschaftliche Veränderung zu nutzen.

Rezeption und Verortung in der Kunstszene

Ausstellungen und Präsenz

Manfred Dahmens Werke wurden in zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland präsentiert und sind in namhaften privaten und unternehmerischen Sammlungen vertreten. Seine Ausstellungshistorie zeigt eine klare Schwerpunktsetzung auf den Raum Nordrhein-Westfalen, insbesondere auf seine Wirkungsstätten Köln und Mülheim an der Ruhr. In Köln stellte er unter anderem in der Christus Kirche, in den Ateliers Hüttenstraße und wiederholt in der renommierten Galerie Altes Pfandhaus aus.

Seit seinem Umzug nach Mülheim ist die Ruhr Gallery in der Villa Artis zu seinem primären Ausstellungsort geworden. Hier präsentierte er fast alle seine wichtigen Werkreihen der letzten Jahre, von „DESIDERATA“ und „ZEUS“ bis hin zu „Hope“ und „Turmbau zu Babel“. Diese Konzentration auf einen Ort deutet auf eine enge und produktive Zusammenarbeit mit den dortigen Kuratoren und Künstlerkollegen hin.

Ein Akteur in der „Kunststadt Mülheim“

Manfred Dahmens künstlerische Praxis seit 2012 ist untrennbar mit seiner Wahlheimat Mülheim an der Ruhr verbunden. Er ist nicht nur ein Künstler, der zufällig in der Stadt lebt, sondern eine aktive und gestaltende Kraft in der lokalen Kunstszene, die als „Bereicherung“ wahrgenommen wird. Sein Atelier und das „Amt für weiterbildende Fantasie“ sind im Kunsthaus in der Ruhrstraße 3 angesiedelt, einem zentralen Knotenpunkt des künstlerischen Lebens der Stadt, der auch das Museum Moderne Kunst Mülheim (MMKM) und den Mülheimer Kunstverein beherbergt.

Diese Beziehung ist symbiotischer Natur. Einerseits bietet die Infrastruktur der „Kunststadt“ Mülheim Dahmen ein stabiles und unterstützendes Ökosystem – ein großes, historisches Atelier, eine feste Galerieplattform und eine Gemeinschaft von Künstlerkollegen –, das es ihm ermöglicht, seine ambitionierten Projekte abseits des Drucks der großen Kunstmetropolen wie Berlin oder Köln zu entwickeln. Andererseits bringt Dahmen mit seiner energiegeladenen Persönlichkeit, seinen medienwirksamen Projekten wie „Streitwagen (Chariot)“ und seiner Rolle als Gastgeber für Künstlertreffen eine erhebliche Sichtbarkeit und Dynamik in die Mülheimer Szene. Er arbeitet eng mit lokalen Kreativen zusammen, wie dem Fotografen Max Schulz oder der Vergolderin Silvia Schmalenbach, und ist fest im Mülheimer Künstlerbund verankert. Ein vollständiges Verständnis von Dahmens aktuellem Schaffen erfordert daher die Anerkennung dieser tiefen Verwurzelung in seinem spezifischen regionalen Kontext. Er ist ein Künstler, dessen Praxis im Dialog mit dem kulturellen Gefüge seiner Umgebung entsteht und dieses zugleich maßgeblich mitprägt.

Fazit: Synthese und kunsthistorische Einordnung

Manfred Dahmen repräsentiert eine Künstlerpersönlichkeit von bemerkenswerter Vielschichtigkeit. Sein Werk lässt sich nicht auf eine einzelne Kategorie reduzieren, sondern entfaltet sich im Spannungsfeld zwischen expressiver Malerei, rigorosen konzeptionellen Überbauten und einem tiefgreifenden sozialen Gewissen. Die Analyse seines Schaffens hat gezeigt, dass seine künstlerische Identität aus dem Zusammenspiel seiner unkonventionellen Biografie, der Etablierung des „Amtes für weiterbildende Fantasie“ und der Realisierung sozial engagierter Großprojekte erwächst.

Als Maler steht er fest in der Tradition der abstrakten Moderne, doch seine Praxis transzendiert die Leinwand. Mit dem „Amt für weiterbildende Fantasie“ hat er eine Struktur geschaffen, die in der Nachfolge von Joseph Beuys‘ „Sozialer Plastik“ gelesen werden kann – ein Gesamtkunstwerk, das darauf abzielt, gesellschaftliche Prozesse anzustoßen und die Kreativität als universelle menschliche Fähigkeit zu fördern. In Projekten wie „Kunst hilft geben“ findet dieser Anspruch seine radikalste Ausprägung: Hier wird die Kunst selbst zum Werkzeug, um etablierte ökonomische Systeme zu hinterfragen und konkrete humanitäre Hilfe zu leisten.

Manfred Dahmen ist somit eine signifikante Figur in der zeitgenössischen Kunstszene des Ruhrgebiets. Er ist das überzeugende Beispiel eines „Spätberufenen“, dessen einzigartiger Lebensweg eine künstlerische Praxis von seltener Freiheit, Integrität und gesellschaftlicher Relevanz ermöglicht hat. Sein Werk schlägt eine Brücke von der atelierbasierten Tradition der abstrakten Malerei zum konzeptionellen Erbe sozial engagierter Kunst und vertritt die überzeugende These, dass die Kraft der Kunst nicht allein in ihrem ästhetischen Ausdruck liegt, sondern ebenso in ihrer Fähigkeit, die Fantasie zu beflügeln und zu sinnhaftem Handeln in der Welt zu inspirieren.

LINK ZU DEN WERKREIHEN AUS 2020 IN DER AUSSTELLUNG IM ALTEN PFANDHAUS IN KÖLN (6. November 2020 Video TALKING ART KÖLN)

Das erste Amt für weiterbildende Fantasie in Deutschland ist im Jahr 2014 in der Kunststadt an der Ruhr in den Kulturort VILLA ARTIS in Mülheim an der Ruhr eingezogen. Der Künstler Manfred Dahmen ist der Leiter dieser einmaligen Institution im Kunstgebiet Rhein – Ruhr. Dahmen über die Institution: „Das Amt für weiterbildende Fantasie ist der Ort an dem neue Ideen und Projekte rund um die Kunst entstehen. Auch werden hier neue Techniken der Malerei und Installation entwickelt und ertüchtigt.“

Link: CC-Gallery mit Daten und Werken „Flying 500“ von Manfred Dahmen

Offene Atmosphäre im Galeriehof Delle 54 – 60 in der Kunststadt Mülheim an der Ruhr ehemals erstes Atelier des Mülheimer Bildhauers Ernst Rasche (1926-2018)

Terminvereinbarungen unter info@Kunststadt-MH.de oder FON 0208 46949-567 erbeten.

Historische Aufnahme mit Bezeichnung der Atelierräume (2012)
Umbau des Grundstücks Ruhrstraße/Delle durch Oskar Natorp vor dem 2. Weltkrieg

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